
PDF - 48 Seiten
David & Anna
Dieses Buch erzählt zwei Geschichten – und doch ist es nur eine.
Es ist die Geschichte von David und Anna, zwei Menschen, die einander einst verloren haben, und die auf ganz unterschiedlichen Wegen doch derselben Wahrheit begegnen: Frieden ist möglich.
Der Ausgangspunkt ist dunkel: Verzweiflung, Schuld, Groll, die Frage nach dem Sinn. Doch genau aus dieser Tiefe wächst die Suche, die beide unabhängig voneinander antreten – geführt von einem Buch, das sie herausfordert, provoziert und schließlich verwandelt: Ein Kurs in Wundern.
Die Kapitel begleiten David und Anna durch Zweifel, Rückschläge, kleine Wunder und große Erkenntnisse. Beide erleben, dass Vergebung nicht Vergessen bedeutet, sondern Befreiung. Dass Liebe nicht abhängig ist von Vergangenheit, sondern in jedem Moment neu gewählt werden kann.
Dies ist kein Lehrbuch und kein Dogma. Es ist ein Roman – eine Einladung, mit den Figuren zu fühlen, zu stolpern, zu hoffen. Vielleicht entdeckt der eine oder andere Leser in den Erfahrungen von David und Anna einen Spiegel des eigenen Lebens.
Und vielleicht öffnet sich beim Lesen folgender Gedanke:
Auch ich könnte stattdessen Frieden sehen.
Oder hier lesen:
David & Anna
Vorwort
Dieses Buch erzählt zwei Geschichten – und doch ist es nur eine.
Es ist die Geschichte von David und Anna, zwei Menschen, die einander einst verloren haben, und die auf ganz unterschiedlichen Wegen doch derselben Wahrheit begegnen: Frieden ist möglich.
Der Ausgangspunkt ist dunkel: Verzweiflung, Schuld, Groll, die Frage nach dem Sinn. Doch genau aus dieser Tiefe wächst die Suche, die beide unabhängig voneinander antreten – geführt von einem Buch, das sie herausfordert, provoziert und schließlich verwandelt: Ein Kurs in Wundern.
Die Kapitel begleiten David und Anna durch Zweifel, Rückschläge, kleine Wunder und große Erkenntnisse. Beide erleben, dass Vergebung nicht Vergessen bedeutet, sondern Befreiung. Dass Liebe nicht abhängig ist von Vergangenheit, sondern in jedem Moment neu gewählt werden kann.
Dies ist kein Lehrbuch und kein Dogma. Es ist ein Roman – eine Einladung, mit den Figuren zu fühlen, zu stolpern, zu hoffen. Vielleicht entdeckt der eine oder andere Leser in den Erfahrungen von David und Anna einen Spiegel des eigenen Lebens.
Und vielleicht öffnet sich beim Lesen folgender Gedanke:
Auch ich könnte stattdessen Frieden sehen.
Inhaltsverzeichnis
Erster Teil – Davids Weg
Kapitel 1 – Der Sturz
David steckt in einer persönlichen Krise: Scheitern in Ehe, Beruf und familiären Beziehungen führen ihn in Hoffnungslosigkeit.
Kapitel 2 – Das Gespräch in der Kneipe
Ein zufälliges Treffen mit Markus eröffnet David die Begegnung mit
Ein Kurs in Wundern. Erste Skepsis und ein Funke Neugier.
Kapitel 3 – Erste Begegnung mit dem Buch
David liest die ersten Lektionen. Der Satz
„Ich könnte stattdessen Frieden sehen“ begleitet ihn und bewirkt erste kleine Veränderungen.
Kapitel 4 – Erste Schritte
David wagt sich tiefer in das Übungsbuch hinein. Widerstände und kleine Erfolge wechseln sich ab.
Kapitel 5 – Begegnungen im Büro
Im Arbeitsumfeld erlebt David, wie sich sein Verhalten verändert: weniger Abwehr, mehr Ruhe.
Kapitel 6 – Der Schatten der Vergangenheit
Konfrontation mit seiner gescheiterten Ehe. Erste zaghafte Versuche der inneren Vergebung.
Kapitel 7 – Der Brief
David schreibt einen Brief an Anna – nicht, um ihn zu verschicken, sondern um Groll loszulassen.
Kapitel 8 – Kleine Wunder
Alltägliche Situationen zeigen erste „Wunder“: kleine Gesten der Freundlichkeit, innere Freiheit im Umgang mit anderen.
Kapitel 9 – Die Lektion der Vergebung
Ein zufälliges Treffen mit Anna auf dem Markt wird zum Prüfstein. Zum ersten Mal erfährt David echten inneren Frieden.
Kapitel 10 – Markus und die Gespräche
Vertiefte Gespräche mit Markus über den Weg der Vergebung, über Ego und wahre Liebe.
Kapitel 11 – Das Handbuch für Lehrer
David erkennt, dass er – ohne es zu wollen – selbst zum Lehrer wird, indem er seine Erfahrungen teilt.
Kapitel 12 – Der Schüler
Sein Kollege Jens wird zum ersten Menschen, dem David aktiv weitergibt, was er selbst gelernt hat.
Kapitel 13 – Die innere Wende
Ein Moment stiller, tiefer Erfahrung im Park: Frieden wird zu einer realen inneren Gegenwart.
Kapitel 14 – Das Wiedersehen
Am Grab seines Vaters erfährt David Vergebung und Dankbarkeit – Heilung einer alten Wunde.
Kapitel 15 – Ein neues Leben
Alltagssituationen zeigen, dass sich Davids innere Haltung dauerhaft verändert hat.
Epilog – Der Frieden
David erkennt, dass Frieden nicht im Außen zu finden ist, sondern in der eigenen Wahl.
Zweiter Teil – Annas Weg
Kapitel 1 – Das unerfüllte Leben
Anna lebt äußerlich geordnet, innerlich jedoch leer. Die Begegnung mit David wirft Fragen auf.
Kapitel 2 – Der Anstoß
Wie zufällig begegnet auch sie
Ein Kurs in Wundern – und beginnt zu lesen.
Kapitel 3 – Erste Risse
Die Lektionen stellen ihr Denken infrage. Erste kleine Erfahrungen mit innerem Frieden.
Kapitel 3b – Schatten in der neuen Beziehung
Anna erkennt, dass ungelöster Groll gegenüber David sie in ihrer neuen Beziehung blockiert.
Kapitel 4 – Konfrontation mit der Vergangenheit
Fotos und Erinnerungen zwingen sie zur Auseinandersetzung. Sie spürt: Vergebung bedeutet Befreiung.
Kapitel 5 – Spiegelung
Ein überraschendes Wiedersehen mit David im Café. Beide erkennen, dass sie auf ähnlichen Wegen sind.
Kapitel 6 – Annas Durchbruch
Am Fluss erlebt Anna einen tiefen Moment der Selbstvergebung – und findet Frieden.
Epilog – Zwei Wege, eine Wahrheit
Anna und David begegnen sich erneut. Kein Zwang, keine Last, sondern ein freier, friedvoller Blick aufeinander.
„2 Jahre zuvor …“
Die Wohnung roch nach kaltem Kaffee und unausgesprochenen Worten. Anna stand am Fenster, David am Tisch. Beide redeten längst nicht mehr miteinander, sie kämpften.
„Du verstehst mich nicht,“ sagte Anna mit harter Stimme.
„Ich verstehe dich sehr gut,“ entgegnete David, „aber du willst nie zuhören.“
Es war immer dieselbe Spirale: Vorwürfe, Rechtfertigungen, Türen, die im Streit knallten. Beide wollten Recht behalten. Beide fühlten sich verletzt.
Anna dachte:
Er sieht mich nicht.
David dachte:
Sie greift mich immer an.
Das Ego sprach lauter als die Liebe, und keiner war bereit, nachzugeben.
Sie hielten Groll fest wie ein Schild. Jeder Angriff schien gerechtfertigt, jede Stille voller Bitterkeit.
Am Ende stand nur noch der Satz: „Ich kann nicht mehr.“
Und die Tür, die sich hinter David schloss, war nicht nur die Wohnungstür, sondern auch die Tür zu ihrer Ehe.
Von diesem Tag an waren sie keine Partner mehr – sondern Gegner. Zwei Menschen, die einst Liebe geteilt hatten, nun verbunden durch Verletzung und Wut.
Kapitel 1 – Der Sturz
Der Wecker klingelte. 06:30 Uhr.
David ließ die Hand auf den Wecker fallen, ohne die Augen zu öffnen. Früher war er sofort aus dem Bett gesprungen, hatte den Tag genutzt, als wäre er ein Geschenk. Jetzt lag er da wie ein Stein.
Die Wohnung war still. Nur das Ticken der Uhr in der Küche klang durch die Räume, als wollte es ihn verhöhnen: Zeit vergeht, Zeit vergeht.
Langsam richtete er sich auf, streifte sich das zerknitterte T-Shirt glatt und ging ins Bad. Sein Gesicht im Spiegel erschreckte ihn. Linien, die er vor einem Jahr noch nicht gesehen hatte. Graue Schatten unter den Augen. Er wirkte nicht alt, aber müde. Tief müde.
„Erst einundvierzig,“ murmelte er. „Und schon am Ende.“
Während die Kaffeemaschine röchelte, wanderte sein Blick durch die Küche. Unbezahlte Rechnungen auf dem Tisch. Der Brief seiner Ex-Frau, den er nicht mehr öffnete. Ein Foto seines Vaters, das er nicht übers Herz brachte, wegzuräumen.
Er hatte gekämpft. Gegen das Ende seiner Ehe, gegen das Gefühl, versagt zu haben. Gegen die Degradierung im Job, die ihn in die Bedeutungslosigkeit gestoßen hatte. Und gegen die Leere, die ihn nach dem Tod seines Vaters erdrückt hatte. Aber je mehr er kämpfte, desto weniger blieb von ihm übrig.
Sein Herz war leer. Keine Freude, keine Hoffnung, nur das dumpfe Gefühl, dass alles sinnlos war.
An diesem Tag ging er nicht zur Arbeit. Er hatte sich krank gemeldet, heute war ihm alles egal. Er zog die Vorhänge zu, setzte sich aufs Sofa und starrte auf den dunklen Bildschirm des Fernsehers.
„Wozu das alles?“, dachte er wieder. Doch wie so oft blieb die Antwort aus.
Kapitel 2 – Das Gespräch in der Kneipe
Die Luft in der Kneipe war schwer von Rauch und dem Geruch nach altem Holz. Gedämpfte Stimmen, ein paar Lacher von einem Tisch in der Ecke, das Klirren von Gläsern. David saß allein an der Theke und nippte an einem Bier, das längst schal war.
„David?“
Er drehte sich um. Ein vertrautes Gesicht, das er seit Monaten nicht mehr gesehen hatte. Markus. Sein alter Studienfreund. Früher die Frohnatur, die alles leicht nahm. David hatte ihn immer beneidet.
„Markus!“, brachte er hervor und zwang ein Lächeln. „Was machst du hier?“
„Ich könnte dich dasselbe fragen.“ Markus setzte sich neben ihn, bestellte lediglich ein Wasser, was David irritierte.
„Ich… naja, ich hatte Lust rauszugehen.“ Er sah auf sein Bierglas. „Oder vielleicht keine Lust, alleine zu sein.“
Markus musterte ihn einen Moment schweigend. „Du siehst fertig aus.“
David lachte bitter. „Danke für die Ehrlichkeit.“
„So war es nicht gemeint. Aber… du wirkst leer. Als wäre da nichts mehr in dir.“
Die Worte trafen. David schwieg, starrte auf die Schaumreste im Glas.
„Weißt du,“ begann Markus vorsichtig, „ich kenne das. Ich war auch an so einem Punkt. Alles dunkel, alles sinnlos. Aber… ich habe etwas gefunden, das mir geholfen hat.“
David hob die Augenbrauen. „Na komm, sag schon. Yoga? Meditation? Ein Wunderdiät-Plan?“
Markus grinste. „Fast. Aber im Ernst: Es ist ein Buch. Es heißt Ein Kurs in Wundern.“
David verzog das Gesicht. „Ein Selbsthilfebuch?“
„Nein. Kein Selbsthilfebuch. Eher… ein Handbuch für den Geist. Aber man muss es nicht einfach lesen. Man muss es gehen.“
„Gehen?“ David lachte trocken. „Du redest, als wär’s ein Pilgerweg.“
„So ungefähr.“ Markus’ Stimme wurde leiser, fester. „Es hat mein Leben verändert. Es ist kein leichter Weg, aber wenn du ihn gehst… du wirst dich selbst wiederfinden.“
David schüttelte den Kopf. „Und was, wenn nicht?“
„Dann verlierst du nichts, aber wenn doch, gewinnst du alles.“
Nach einiger Zeit verließen beide zusammen die Kneipe und machten sich auf den Nachhauseweg. Markus’ Wohnung war nur 5 Minuten entfernt und deshalb fragte er David, ob er nicht Lust hätte, kurz mit nach oben zu kommen. Er könne sich das Buch angucken und entscheiden, ob er es mitnehmen möchte.
Erst zögerte David, aber ein innerer Impuls ließ nicht locker...
„Ich kann es mir ja mal ansehen“ sagte David und beide stiegen die Treppen zu Markus Wohnung hoch.
Das Buch befand sich im Wohnzimmer in einem Regal.
Markus nahm es aus dem Regal und drückte es David in die Hände.
„Hier, Dein Kurs in Wundern, bitte schön!“
David strich mit der Hand über den Einband. Das Buch fühlte sich schwer an, fast ehrfürchtig. Er spürte Widerstand in sich, aber auch… einen winzigen Funken Neugier. „Ein Kurs in Wundern,“ murmelte er. „Wenn du dich irrst, schuldest du mir mindestens zehn Bier.“
Markus lächelte nur. „Wenn ich mich nicht irre, wirst du mir dafür danken.“
Kapitel 3 – Erste Begegnung mit dem Buch
Die Wohnung war still, als David die Tür hinter sich schloss. Unter dem Arm trug er das Buch, das Markus ihm aufgedrängt hatte. Es lag schwer in seiner Hand, schwerer als ein paar hundert Seiten eigentlich sein konnten.
Er legte es auf den Tisch, neben einen Stapel ungeöffneter Briefe, und betrachtete es misstrauisch. Ein Kurs in Wundern. Der Titel klang nach irgendwas zwischen religiöser Predigt und esoterischem Hokuspokus.
„Na gut,“ murmelte er, „ein Wunder könnte ich tatsächlich gebrauchen.“
Er schlug die erste Seite auf. Schon im Vorwort stieß er auf den Satz:
„Ein Kurs in Wundern ist ein Pflichtkurs. Nur die Zeit, wann du ihn annimmst, steht dir frei.“
David lachte kurz auf, ein raues, ungläubiges Lachen. „Ein Pflichtkurs? Ja klar. Noch ein Kurs im Scheitern, den ich belegen darf.“
Doch irgendetwas hielt ihn fest. Er las weiter. Worte wie „Liebe“, „Vergebung“, „Ego“ tauchten immer wieder auf. Sie prallten ab an seiner Skepsis, aber einige bohrten sich trotzdem in ihn hinein.
„Die Welt, wie du sie siehst, ist eine Illusion.“
Er schnaubte. „Illusion? Na, dann ist mein Kontostand wohl auch nur ein Traum.“
Er schlug das Buch zu und stand auf. Doch kaum war er ein paar Schritte gegangen, kehrte er zurück, setzte sich wieder hin und blätterte. Irgendetwas in ihm wollte doch weiterlesen.
Sein Blick blieb an einer kurzen Zeile hängen:
„Ich könnte stattdessen Frieden sehen.“
Er las sie zweimal, dreimal. Es war kein komplizierter Satz, nichts Mystisches. Einfach ein Angebot. Frieden – stattdessen.
„Hm...“
„Schöner Spruch,“ murmelte er. „Aber im echten Leben?“
Am nächsten Morgen, auf dem Weg zum Supermarkt, geriet er in einen Stau. Vor ihm drängelte ein Wagen, hupte, als könne er den Verkehr wegblasen. David spürte, wie Wut in ihm hochstieg, der alte Reflex, auf die Hupe zu schlagen, den Fahrer anzubrüllen.
Doch dann, fast gegen seinen Willen, kam ihm der Satz wieder: „Ich könnte stattdessen Frieden sehen.“
Er verharrte. Die Finger schwebten über der Hupe, dann zog er sie langsam zurück. Er atmete tief ein. Noch einmal. Und spürte, wie die Hitze in seiner Brust langsam nachließ.
Es war nur ein kleiner Moment. Kaum spürbar. Aber er war da.
Und in dieser winzigen Lücke zwischen Zorn und Frieden ahnte David zum ersten Mal seit Jahren: Vielleicht war doch noch etwas möglich.
Vor ihm tropfte der Regen über die Rückscheibe des Wagens. Die Tropfen liefen zusammen, bildeten Muster, die kurz aufblitzten und dann verschwanden. Fast hypnotisch.
„Frieden… statt Wut,“ murmelte er. Es klang fremd, fast lächerlich. Aber je länger er die Worte wiederholte, desto leiser wurde das Donnern in seiner Brust.
Der Stau bewegte sich kaum. Doch in David bewegte sich etwas. Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte er nicht, dass die Welt gegen ihn war. Der Stau war einfach nur da. Nicht mehr, nicht weniger.
Ein Auto auf der Nebenfahrbahn blinkte, wollte sich in die Spur drängen. Normalerweise hätte David gebremst, das Rad blockiert, nur um „nicht der Dumme“ zu sein. Doch diesmal ließ er Platz. Der Fahrer hob kurz die Hand zum Dank.
Und da passierte es: ein kleiner Stich von Freude. Kein Triumph, keine Genugtuung – nur ein winziger, heller Funken.
Als der Verkehr sich endlich wieder in Bewegung setzte, lächelte David unwillkürlich.
Er konnte es nicht glauben. Wegen eines simplen Satzes hatte er sich anders gefühlt, anders gehandelt:
„Ich könnte stattdessen Frieden sehen.“
„Vielleicht,“ dachte er, „ist da wirklich was dran.“
Kapitel 4 – Erste Schritte
Das Buch lag seit Tagen auf dem Wohnzimmertisch. Immer wieder nahm David es in die Hand, blätterte, legte es wieder weg. Bis er schließlich auf das Übungsbuch stieß: 365 Lektionen, eine für jeden Tag.
„Ein Jahr…,“ murmelte er. „Das klingt wie ein Marathon, den ich nie laufen wollte.“
Trotzdem öffnete er Lektion 1:
„Nichts, was ich in diesem Raum sehe, bedeutet etwas.“
Er schaute sich um. Sein Blick fiel auf den alten Couchtisch, übersät mit Kaffeeflecken. Dann auf den Fernseher, den er seit Wochen kaum eingeschaltet hatte. Auf den Briefstapel.
„Nichts bedeutet etwas?“ Er schüttelte den Kopf. „Schöner Quatsch. Mein Vermieter würde was anderes sagen.“
Und doch… als er den Satz leise wiederholte, passierte etwas Merkwürdiges. Für einen Augenblick spürte er, dass die Dinge ihn tatsächlich nicht im Griff hatten. Sie waren einfach nur da.
Er runzelte die Stirn, schüttelte den Kopf. „Einbildung. Mehr nicht.“
Am nächsten Tag öffnete er die zweite Lektion.
„Ich habe allem, was ich in diesem Raum sehe, all die Bedeutung gegeben, die es für mich hat.“
Diesmal sah er das Foto seines Vaters an. Ein starrer Blick, aufgenommen bei einer Familienfeier. Normalerweise stach ihm ein Stich ins Herz, wenn er es ansah. Aber jetzt fragte er sich: Ist es wirklich das Foto, das weh tut? Oder das, was ich hineinlege?
Die Erkenntnis schmerzte. Aber sie ließ ihn nicht mehr los.
Ein paar Wochen später war er bei Lektion 34 angelangt:
„Ich könnte stattdessen Frieden sehen.“
Er nahm den Satz wie eine Medizin, immer dann, wenn die Dunkelheit ihn packte.
Im Supermarkt rempelte ihn ein Mann an und brummte etwas Unfreundliches. Der alte David hätte zurückgeschnauzt. Doch diesmal blieb er still, murmelte innerlich: „Ich könnte stattdessen Frieden sehen.“
Und tatsächlich – die Situation verpuffte. Der Mann ging weiter, und David stand da, ohne dass der Ärger in ihm Wurzeln schlug.
Es war nur ein kleiner Sieg. Aber ein Sieg.
Eines Abends rief er Markus an.
„Also,“ begann David zögerlich, „dieses Buch… ich glaube, es macht mich verrückt.“
Markus lachte leise. „Oder es macht dich wach.“
„Es ist so widersinnig. Erst heißt es, nichts bedeutet etwas, und dann, dass ich allem die Bedeutung gebe. Ich weiß nicht, ob das genial oder kompletter Blödsinn ist.“
„Es ist beides,“ sagte Markus ruhig. „Aber bleib dran. Es geht nicht ums Verstehen mit dem Kopf. Es geht ums Erleben.“
David schwieg. Zum ersten Mal seit Jahren spürte er, dass sein Freund recht haben könnte.
Kapitel 5 – Begegnungen im Büro
Das Großraumbüro roch nach Kaffee und Druckerpapier. Computer surrten, Telefone klingelten, Stimmen mischten sich zu einem ständigen Summen. David saß an seinem Platz, den Kopf zwischen den Schultern, während er die nächste Excel-Tabelle bearbeitete.
Früher hatte er in Projekten Verantwortung getragen, ganze Teams geleitet. Doch nach einem Fehler, der nicht einmal allein seiner war, hatte man ihn versetzt – jetzt schob er Zahlen von links nach rechts. Ein Abstellgleis.
„Herr Wagner!“ Die Stimme seines neuen Chefs schnitt durch den Raum. Ein junger Kerl, kaum dreißig, Anzug perfekt, Haargel glänzend. „Die Auswertung von letzter Woche – da fehlt eine Spalte. Wollen Sie das bitte korrigieren, bevor wir hier falsche Daten präsentieren?“
Alle Köpfe drehten sich kurz zu David. Er spürte die Blicke. Früher hätte er gekontert, sich verteidigt, die Schuld zurückgeschoben. Die Worte lagen ihm schon auf der Zunge.
Doch dann erinnerte er sich. An eine Lektion, die er am Morgen gelesen hatte:
„Ich könnte stattdessen Frieden sehen.“
Er atmete tief durch. Zählte bis drei.
Dann nickte er einfach. „Ich kümmere mich darum.“
Sein Chef runzelte die Stirn, als hätte er Widerstand erwartet. Doch als keiner kam, wandte er sich irritiert ab.
David spürte, wie die Spannung in seinem Brustkorb sich löste. Kein Triumph, kein Ärger – nur Ruhe.
Er tippte weiter, fast gelassen.
Ein Kollege, Jens, lehnte sich zu ihm herüber. „Sag mal, seit wann bist du so ruhig? Früher hättest du den glatt in Stücke zerlegt.“
David grinste schief. „Vielleicht übe ich gerade, nicht mehr alles so persönlich zu nehmen.“
„Tja,“ sagte Jens, „wenn du das schaffst, bist du weiter als wir alle hier.“
David schwieg, aber innerlich staunte er. Zum ersten Mal seit Jahren war er nicht der Getriebene, der Reizbare, der Ständige-im-Kampf. Ein einziger Gedanke, ein kleiner Satz aus dem Buch, hatte die Situation verändert.
Am Abend auf dem Heimweg ging er durch den Regen und spürte etwas, das er fast vergessen hatte: ein leises, stilles Lächeln in sich selbst.
Kapitel 6 – Der Schatten der Vergangenheit
Der Abend war still. David saß auf dem Sofa, das Buch lag offen vor ihm. Er blätterte zum nächsten Abschnitt des Übungsbuches.
Die Worte sprangen ihn an, als hätte jemand genau ihn gemeint:
„Liebe hält keinen Groll.“
David schluckte. Er wollte die Seite sofort umblättern, als hätte er sich verbrannt. Aber er konnte nicht. Der Satz klebte an ihm wie eine Narbe.
Vor seinem inneren Auge tauchte ihr Gesicht auf – Anna. Seine Ex-Frau.
Er sah ihr Lächeln, das einmal sein Zuhause gewesen war. Und er sah den kalten Blick, mit dem sie die Wohnung verlassen hatte, nachdem die letzte Auseinandersetzung eskaliert war.
Der Schmerz stieg auf wie ein Sturm.
„Keinen Groll?“ flüsterte er bitter. „Ihr habt gut reden. Sie hat mich verlassen, als ich am Boden lag. Sie hat mich verraten. Und das soll ich… vergessen?“
Er schlug das Buch zu, stand auf, ging unruhig durch die Wohnung. Aber die Worte ließen ihn nicht los. „Liebe hält keinen Groll.“
Er setzte sich wieder. Starrte lange auf seine Hände. Dann schloss er die Augen. Erinnerungen kamen: die Abende, an denen sie gelacht hatten. Die stillen Morgen, an denen sie zusammen Kaffee tranken. Und auch die Nächte voller Streit, voller Vorwürfe.
Tränen liefen ihm über die Wangen, heiß und ungehemmt. Er hatte seit Monaten nicht mehr geweint.
„Ich hasse dich,“ wollte er sagen. Aber stattdessen kam es brüchig heraus: „Ich vermisse dich.“
Der Satz erschreckte ihn. Er atmete tief ein.
Vielleicht, dachte er, war der Groll nur eine Mauer, hinter der er sich versteckte. Und die Lektion bat ihn nicht, das Geschehene gutzuheißen. Sie bat ihn nur, die Mauer loszulassen.
„Ich halte dich nicht mehr fest,“ flüsterte er. „Nicht, um dich zu entschuldigen. Sondern um frei zu sein.“
Es war kein lautes Wunder, kein sofortiges Aufblühen. Aber etwas löste sich in ihm. Ein Knoten, der lange Zeit sein Herz eingeschnürt hatte.
Als er die Augen öffnete, fühlte er sich erschöpft – und gleichzeitig leichter.
Das Buch lag geschlossen vor ihm. Er legte die Hand darauf und dachte: Vielleicht ist das der Anfang von etwas Neuem.
Kapitel 7 – Der Brief
Der Morgen begann ruhig. Ein schwaches Licht fiel durchs Fenster, der Regen hatte in der Nacht aufgehört. David saß am Küchentisch, das Buch neben sich, eine leere Seite in seinem Notizbuch vor sich.
Seit der Lektion „Liebe hält keinen Groll“ ließ ihn der Gedanke nicht los, dass er etwas tun musste. Ein innerer Drang, etwas aus sich herauszuschreiben.
Er nahm den Stift in die Hand. Zögernd, fast widerwillig.
„An Anna,“ schrieb er oben hin. Dann hielt er inne. Allein diese beiden Worte ließen sein Herz schneller schlagen.
Er begann:
„Ich weiß nicht, ob du diesen Brief jemals lesen wirst. Vielleicht ist er nur für mich. Aber ich muss es loswerden. Lange habe ich dir die Schuld gegeben. Für alles. Für meinen Schmerz, meine Leere, mein Scheitern. Ich habe dich in meinem Kopf zur Feindin gemacht, damit ich nicht fühlen musste, wie sehr ich selbst verletzt war.“
Die Worte flossen, stockten, kamen wieder.
„Ich habe dich geliebt. Ich habe dich gehasst. Und beides hat mich gefangen gehalten. Aber jetzt will ich frei sein. Ich halte keinen Groll mehr. Nicht, weil ich alles vergesse, sondern weil ich endlich atmen will.“
Tränen tropften auf das Papier, verwischten einzelne Buchstaben. Doch er schrieb weiter, bis nichts mehr kam.
Er legte den Stift weg, atmete tief ein. Zum ersten Mal seit Jahren fühlte er, dass er losließ. Nicht sie. Sondern den Schmerz, den er an sich gekettet hatte.
Den Brief faltete er sorgfältig zusammen und legte ihn in eine Schublade. Er wusste: Er würde ihn nicht abschicken. Aber das musste er auch nicht.
Er hatte ihn geschrieben, um sich selbst zu befreien.
Als er die Schublade schloss, war da ein neues Gefühl in seiner Brust – leise, zerbrechlich, aber echt: Frieden.
Kapitel 8 – Kleine Wunder
In den Tagen nach dem Brief fühlte David sich anders. Nicht wie ein neuer Mensch, eher wie jemand, der zum ersten Mal seit langer Zeit wieder tief durchatmete. Die Schatten waren nicht verschwunden, aber sie lagen nicht mehr so schwer auf seiner Brust.
Und dann begann es – unscheinbar, beinahe banal.
Am Dienstag stand er in der Bäckerei, eine ältere Frau vor ihm kramte ewig nach Kleingeld. Früher hätte er ungeduldig mit den Augen gerollt, innerlich gekocht. Doch diesmal lächelte er nur.
„Lassen Sie sich Zeit,“ sagte er, und zu seiner Überraschung klang es ehrlich.
Die Frau sah auf, überrascht, und ihre Augen leuchteten. „Danke. Wissen Sie, die Finger wollen nicht mehr so recht.“
David half ihr, die Münzen zu sortieren. Als sie ging, legte sie ihm eine Hand auf den Arm. „Sie haben mir den Morgen gerettet.“
David stand da, verblüfft. Alles, was er getan hatte, war – freundlich zu sein.
Zwei Tage später begegnete er im Hausflur seinem Nachbarn, Herrn Krüger, einem mürrischen Mann, der sonst nie grüßte.
„Schönes Wetter heute,“ rief David, spontan, ohne zu überlegen.
Krüger brummte nur, aber nach ein paar Sekunden blieb er stehen, drehte sich um. „Ja… schönes Wetter,“ murmelte er, und für einen Augenblick war da fast so etwas wie ein Lächeln in seinem Gesicht.
David ging die Treppe hinauf und schüttelte den Kopf.
Was ist nur los mit mir?
Das größte „Wunder“ kam jedoch am Samstag. Er saß im Park, ein Buch in der Hand, als ein kleiner Junge mit einem roten Ball stolperte und weinend hinfiel. Die Mutter war ein paar Meter entfernt, erschrocken, aber bevor sie bei ihm war, war David schon aufgesprungen.
„Alles gut,“ sagte er sanft, hob den Ball auf und reichte ihn dem Jungen. „Krieger wie du weinen nicht lange.“
Der Junge schniefte, rieb sich die Augen – und lachte dann. Die Mutter nickte dankbar.
David setzte sich zurück auf die Bank, das Herz weit, als hätte er gerade etwas Kostbares geschenkt bekommen.
Auf dem Heimweg dachte er über diese Momente nach. Sie waren klein, unscheinbar. Kein einziger würde die Welt verändern. Aber in ihm hatten sie etwas verändert.
Vielleicht, dachte er, waren genau das die Wunder, von denen das Buch sprach. Keine Magie, keine übernatürlichen Ereignisse. Sondern kleine Augenblicke, in denen Liebe stärker war als Angst.
Und er begann zu hoffen, dass noch mehr solcher Augenblicke auf ihn warteten.
Kapitel 9 – Die Lektion der Vergebung
Der Samstag begann harmlos. David hatte beschlossen, auf den Markt zu gehen, frisches Obst zu kaufen, einfach ein bisschen unter Leute zu kommen. Die Sonne schien warm auf die Stände, es roch nach Brot, Kräutern und gegrilltem Fleisch.
Er schlenderte, fast entspannt. Doch plötzlich erstarrte er.
Zwei Reihen weiter, am Stand mit den Blumen, stand
Anna.
Ihr Profil erkannte er sofort: die Art, wie sie das Haar nach hinten strich, die leichte Neigung des Kopfes, wenn sie mit dem Verkäufer sprach.
Sein Herz setzte aus, dann begann es zu rasen. Alles stieg wieder auf: die Wut, die Verletzung, die alte Bitterkeit. Er wollte umdrehen, weglaufen – einfach verschwinden.
Doch da war sie, die Lektion, die er in den letzten Wochen immer wieder gelesen hatte:
„Vergebung ist der Schlüssel zum Glück.“
Er blieb stehen. Atmete tief ein, tief aus.
„Ich könnte stattdessen Frieden sehen.“
Anna drehte sich um. Ihre Augen trafen seine, und einen Moment lang war da nur Stille zwischen ihnen.
„David,“ sagte sie leise, überrascht.
„Anna,“ brachte er hervor. Seine Stimme zitterte.
Sie gingen aufeinander zu, unsicher. Schließlich standen sie voreinander, zwischen Kisten voller Tulpen und Rosen.
„Du siehst… anders aus,“ sagte sie vorsichtig.
David lachte kurz auf, bitter und weich zugleich. „Das sagen mir in letzter Zeit einige.“
Ein Schweigen entstand, schwer von allem, was ungesagt zwischen ihnen lag. Doch diesmal fühlte David keinen Drang, Vorwürfe auszusprechen. Kein „Warum?“, kein „Wie konntest du?“ – nur die Erkenntnis, dass er sie losgelassen hatte.
„Ich wollte dir… nur sagen,“ begann er stockend, „dass ich keinen Groll mehr halte. Nicht mehr.“
Anna blinzelte. In ihren Augen lag Überraschung, vielleicht sogar Erleichterung. „Das… freut mich. Wirklich.“
Sie lächelte – ein kleines, vorsichtiges Lächeln, nicht das alte, strahlende, aber auch keines voller Kälte.
Ein paar Sekunden standen sie so da, dann trat sie einen Schritt zurück. „Pass auf dich auf, David.“
„Du auch,“ sagte er, und meinte es.
Als er ging, fühlte er sich, als hätte er ein schweres Gepäck abgestreift, das er jahrelang auf den Schultern getragen hatte.
Es war kein glorreicher Triumph, kein filmreifes Ende. Aber es war Frieden. Und das war genug.
Kapitel 10 – Markus und die Gespräche
Das Café war klein, fast verborgen zwischen zwei Buchläden. Markus saß schon am Fenster, eine Tasse Cappuccino vor sich, als David eintrat. Er wirkte wie immer – ruhig, gesammelt, als trüge er ein Licht, das man nicht sehen, aber spüren konnte.
„Da bist du,“ sagte Markus und lächelte. „Du klingst am Telefon… anders. Leichter.“
David setzte sich, bestellte einen schwarzen Kaffee. Er schwieg einen Moment, dann platzte es aus ihm heraus: „Ich habe Anna getroffen.“
Markus hob die Augenbrauen, aber er wirkte nicht überrascht. „Und?“
„Ich habe ihr gesagt, dass ich keinen Groll mehr halte.“ David starrte auf seine Hände. „Es war komisch. Ich dachte, es würde mich zerreißen, sie zu sehen. Aber stattdessen… fühlte ich Frieden. Nicht viel, aber echt.“
Markus nickte langsam. „Das ist Vergebung. Nicht ein großer Akt, kein dramatisches Ritual. Nur das Loslassen des Schmerzes, der dich gefangen hält.“
„Aber es war nicht, als hätte ich sie völlig verziehen. Da ist immer noch… etwas.“
„Natürlich. Vergebung ist kein Knopfdruck. Es ist ein Prozess. Ein Kurs.“ Markus legte die Hände um seine Tasse. „Das Ego hält an Geschichten fest. Es sagt: ‚Sie hat mir wehgetan. Ich muss mich schützen.‘ Aber das Herz sagt: ‚Ich will frei sein.‘“
David lachte leise. „Mein Ego schreit immer noch sehr laut.“
„Das tut es bei jedem.“ Markus’ Blick war warm. „Aber jedes Mal, wenn du Frieden statt Angriff wählst, wird seine Stimme leiser.“
David dachte nach. „Es ist verrückt. Ein paar Sätze in einem Buch – und plötzlich verhalte ich mich anders. Früher hätte ich Anna verachtet, wenn ich sie gesehen hätte. Heute… ich hab sie einfach nur gehen lassen.“
Markus nickte. „Das ist der Anfang von Liebe. Nicht romantische Liebe, nicht Besitz. Sondern die Art von Liebe, die nichts will. Die einfach nur sein darf.“
Eine Stille entstand. David sah hinaus auf die Straße, wo Menschen mit Einkaufstaschen vorbeihasteten. Zum ersten Mal betrachtete er sie nicht als Fremde. Er fragte sich, welche Geschichten sie trugen, welche Schmerzen, welche Hoffnungen.
„Vielleicht,“ sagte er langsam, „ist es das, was das Buch meint: Die Welt anders sehen.“
„Genau das,“ sagte Markus leise.
David lehnte sich zurück. In ihm war noch immer Unruhe, Zweifel, die alte Härte. Aber da war jetzt auch etwas Neues. Etwas, das stärker wurde. Frieden – nicht als Flucht, sondern als Wahl.
Kapitel 11 – Das Handbuch für Lehrer
Es war ein Sonntagmorgen, still in der Wohnung. David saß mit einer Tasse Kaffee am Tisch, das Buch vor sich aufgeschlagen. Nach den Lektionen des Übungsbuches stieß er diesmal auf einen neuen Teil: Das Handbuch für Lehrer.
Er runzelte die Stirn. „Lehrer?“ murmelte er. „Ich? Wohl kaum.“
Doch er las weiter.
„Ein Lehrer ist jeder, der lernt und anderen hilft, zu lernen. Nicht durch Belehrung, sondern durch Sein.“
David legte das Buch beiseite und starrte ins Leere. Das war etwas anderes als er erwartet hatte. Kein erhobener Zeigefinger, keine Mission, die Welt zu retten. Nur der Hinweis: Jeder, der diesen Weg geht, zeigt ihn auch anderen – ob er will oder nicht.
Er dachte an die Bäckerei, an die alte Frau, die ihn angelächelt hatte. An den Nachbarn im Treppenhaus, der zum ersten Mal zurückgegrüßt hatte. An den Jungen im Park.
Das waren keine Predigten gewesen. Es war einfach geschehen – weil er anders war.
Ein merkwürdiges Gefühl stieg in ihm auf. Mischung aus Ehrfurcht und Verantwortung.
Am Montag im Büro fiel es ihm wieder auf. Jens, sein Kollege, wirkte ungewöhnlich niedergeschlagen, tippte lustlos auf der Tastatur.
„Alles okay?“ fragte David spontan.
Jens seufzte. „Meine Frau… wir reden kaum noch. Alles hängt in der Luft.“ Er schüttelte den Kopf. „Tut mir leid, dass ich dich damit belaste.“
„Nein,“ sagte David ruhig. „Ich kenne das.“
Er wollte nicht predigen, nicht raten. Er erzählte nur kurz von seinem eigenen Weg, von einem Buch, das ihm half, Frieden zu sehen, selbst inmitten von Ärger.
Jens hörte aufmerksam zu. „Klingt… seltsam,“ sagte er schließlich. „Aber du bist tatsächlich anders. Irgendwie gelassener. Vielleicht sollte ich mir das mal ansehen.“
David lächelte schwach. „Wenn du magst, leih ich dir mein Exemplar. Aber mach dir keinen Druck. Es ist kein Kurs, den man bestehen muss. Es ist eher ein… Weg, den man geht.“
Als Jens nickte, spürte David ein leises Beben in sich. Es war das erste Mal, dass er seine Erfahrung weitergab. Kein Dogma, kein Versuch, jemanden zu überzeugen – nur ein stilles Teilen.
Und er verstand, was das Handbuch meinte: Ein Lehrer sein bedeutete nicht, Antworten zu haben. Es bedeutete, gemeinsam unterwegs zu sein.
Kapitel 12 – Der Schüler
Ein paar Tage später klopfte Jens an Davids Schreibtisch. „Hast du gerade einen Moment?“
David sah auf. „Klar. Was gibt’s?“
Jens wirkte unsicher, fast verlegen. „Du hast neulich von diesem Buch erzählt… Ein Kurs in Wundern. Ich hab’s mir besorgt. Aber ehrlich gesagt – ich versteh kein Wort. Ich weiß nicht, ob das was für mich ist.“
David lächelte schief. „Das ging mir genauso. Ich hab’s am Anfang fast in die Ecke geworfen. Es klingt verrückt, wenn man’s liest. Aber… es wirkt nicht über Verstehen, sondern über Erleben.“
„Und wie soll ich das erleben?“ fragte Jens.
David überlegte kurz. Dann sagte er: „Mach’s klein. Fang mit einer Lektion an. Zum Beispiel: ‚Ich könnte stattdessen Frieden sehen.‘ Wenn dich etwas ärgert – halt kurz inne. Sag dir den Satz. Und schau, was passiert.“
Jens nickte langsam. „Klingt… machbar.“
Am nächsten Tag kam Jens in der Mittagspause wieder zu David. Diesmal lächelte er.„Weißt du was? Es hat funktioniert.“
„Was hat funktioniert?“
„Die Sache mit dem Frieden. Heute Morgen hat mich ein Autofahrer geschnitten. Normalerweise hätte ich ihn angeschrien, gehupt, den ganzen Tag wäre ruiniert gewesen. Aber ich hab diesen Satz gesagt. Und irgendwie… war’s nicht so schlimm.“
David grinste. „Dann hast du’s erlebt.“
Jens setzte sich neben ihn, wirkte nachdenklich. „Ich hätte nie gedacht, dass so ein einfacher Satz etwas ändern kann.“
„Manchmal braucht’s nicht mehr,“ sagte David leise.
An diesem Abend, als er nach Hause ging, dachte David lange über das Gespräch nach. Er hatte nichts Besonderes getan, nur einen Satz geteilt. Und doch hatte es Jens geholfen.
Er erinnerte sich an einen Satz aus dem Handbuch: „Lehrer und Schüler sind eins. Indem du gibst, empfängst du.“
Und er spürte, wie wahr es war. Denn Jens hatte nicht nur etwas gelernt – er selbst hatte verstanden, dass das, was er weitergab, auch ihn stärker machte.
Zum ersten Mal in seinem Leben fühlte er sich nicht mehr nur als Suchender. Sondern auch als jemand, der auf dem Weg schon ein Licht entzünden konnte – für andere.
Kapitel 13 – Die innere Wende
Es war ein milder Frühlingstag. Die Sonne brach durch die Wolken, Vögel zwitscherten, und die Luft roch nach frisch gemähtem Gras. David hatte beschlossen, nach der Arbeit einen Umweg durch den Stadtpark zu machen.
Er schlenderte den Kiesweg entlang, beobachtete Kinder beim Spielen, Paare, die auf den Bänken saßen, Jogger, die an ihm vorbeiliefen. Alles ganz gewöhnlich. Und doch fühlte es sich anders an.
Er blieb vor einem Teich stehen. Enten glitten über das Wasser, die Oberfläche kräuselte sich sanft im Wind. David atmete tief ein, hörte das Rascheln der Bäume, spürte den Rhythmus seines eigenen Herzens.
Da war kein Drang, irgendwohin zu müssen. Kein Gedanke, etwas beweisen zu müssen. Keine Last. Nur dieser Augenblick.
Und plötzlich war es da: ein Frieden, so still, dass er fast erschrak.
Kein triumphierendes Gefühl, kein ekstatisches Glück. Nur eine weite, sanfte Ruhe, die ihn vollständig umhüllte.
Er setzte sich auf eine Bank und ließ es geschehen. Kein Widerstand, kein Zwang. Einfach Sein.
Tränen stiegen ihm in die Augen, nicht aus Schmerz, sondern aus Erleichterung. Zum ersten Mal seit Jahren spürte er, dass er vollkommen war – so, wie er war. Ohne Leistung, ohne Rechtfertigung, ohne Kampf.
Die Lektionen aus dem Buch hallten in ihm nach:
„Ich bin nicht ein Körper. Ich bin frei.“
„Gottes Wille für mich ist vollkommenes Glück.“
Er verstand sie nicht mit dem Kopf – aber er fühlte sie.
Eine Stunde später stand er auf, ging langsam nach Hause. Der Alltag wartete, Rechnungen, Arbeit, Routinen. Doch er wusste: Etwas hatte sich verschoben.
Glück war nicht da draußen, nicht in Menschen oder Dingen. Es war in ihm, still, wartend. Und er hatte es berührt.
Kapitel 14 – Das Wiedersehen
Der Himmel war klar an diesem Sonntagmorgen, die Luft kühl und frisch. David hatte den Gang zum Friedhof lange vor sich hergeschoben. Seit der Beerdigung war er kaum dort gewesen. Zu schwer war der Kloß in seiner Brust, zu scharf der Schmerz, wenn er an seinen Vater dachte.
Doch heute fühlte es sich anders an. Nicht leicht, aber möglich.
Er ging den schmalen Kiesweg entlang, bis er vor dem Grab stand. Ein einfacher Stein, darauf der Name, zwei Daten – Anfang und Ende. Dazwischen ein Strich, der ein ganzes Leben zusammenfasste.
David kniete sich hin, strich über den Stein. Seine Finger zitterten. „Hallo, Papa,“ flüsterte er. Die Worte brachen aus ihm heraus, so ungewohnt und vertraut zugleich.
Er schwieg lange. Erinnerungen kamen hoch: Wie sein Vater ihn als Kind auf die Schultern gesetzt hatte. Wie sie gemeinsam Fahrräder reparierten. Aber auch die Abende voller Schweigen, voller Vorwürfe, unausgesprochener Erwartungen.
„Es tut mir leid,“ sagte David schließlich. „Es tut mir leid, dass ich nie gesagt habe, wie sehr ich dich gebraucht habe. Stattdessen hab ich gestritten, geschwiegen, mich abgewendet. Und als du gegangen bist… hab ich dir die Schuld gegeben.“
Die Tränen liefen frei. Doch diesmal wehrte er sich nicht. Er ließ sie kommen, ließ sie fließen.
Ein Satz aus dem Kurs schoss ihm durch den Kopf:
„Vergebung ist Erinnerung an die Wahrheit.“
David legte die Hand fester auf den Stein. „Die Wahrheit ist… du warst mein Vater. Du hast Fehler gemacht, ich auch. Aber du hast dein Bestes gegeben. Und ich liebe dich. Noch immer.“
Er blieb so sitzen, bis die Tränen versiegten. Was zurückblieb, war Stille. Aber nicht die alte, kalte Leere – sondern eine stille Wärme, fast wie eine Umarmung.
Als er aufstand, spürte er etwas Neues in seiner Brust: Dankbarkeit. Nicht, weil sein Vater perfekt gewesen wäre. Sondern weil er sein Vater war.
David ging langsam den Weg zurück. Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte er sich nicht mehr als Sohn, der etwas verloren hatte, sondern als Mann, der etwas Kostbares behalten durfte: die Liebe, die trotz allem geblieben war.
Kapitel 15 – Ein neues Leben
Die Sonne fiel durch die halb geöffneten Vorhänge, als David den ersten Kaffee des Tages einschenkte. Dieselbe Küche, derselbe Tisch, derselbe alte Couchtisch im Wohnzimmer. Von außen hatte sich nichts verändert.
Doch innen war alles anders.
Er setzte sich, nippte an der Tasse und beobachtete den Dampf, der in Spiralen aufstieg. Früher hätte er diese Minuten mit Gedanken an Sorgen gefüllt: Rechnungen, Arbeit, die Einsamkeit. Heute ließ er den Augenblick einfach da sein.
Auf dem Weg zur Arbeit grüßte er den Nachbarn – nicht, weil er sich dazu zwingen musste, sondern weil es selbstverständlich war. In der Bahn lächelte er einem Kind zu, das ihn neugierig anstarrte. Und als er im Büro von Jens begrüßt wurde, spürte er, dass zwischen ihnen eine andere Qualität von Nähe entstanden war – kein oberflächlicher Smalltalk, sondern ein leises gegenseitiges Verständnis.
Als sein Chef ihn mittags streng auf eine Zahl in der Tabelle hinwies, reagierte er ruhig. Er verteidigte sich nicht, griff niemanden an. Stattdessen sagte er: „Danke für den Hinweis, ich schau es mir sofort an.“ Der Chef runzelte kurz die Stirn, nickte dann und ging. Für David fühlte es sich an wie ein kleiner Sieg – nicht über den Chef, sondern über das alte Ego, das sofort hätte explodieren wollen.
Am Abend spazierte er noch einmal durch den Park. Dasselbe Geräusch der Vögel, dasselbe Rascheln der Bäume. Aber er hörte es anders – als würde die Welt zu ihm sprechen, leise und freundlich.
Er blieb stehen, sah in den Himmel, der sich langsam rötete. Ein Satz kam ihm in den Sinn, den er gestern gelesen hatte:
„Ich ruhe in Gott.“
Zum ersten Mal verstand er ihn nicht nur mit dem Verstand, sondern mit dem Herzen. Ruhe – nicht irgendwo weit weg, sondern hier, in diesem Moment.
Er ging weiter, mit leichten Schritten, und wusste: Das Leben würde ihn weiter prüfen. Schmerz und Zweifel würden nicht verschwinden. Aber er hatte etwas gefunden, das stärker war.
Frieden.
Und das war genug.
Epilog – Der Frieden
Das Café war fast leer an diesem späten Nachmittag. Draußen färbte die Sonne die Häuserdächer golden, drinnen roch es nach frisch gemahlenem Kaffee.
David saß am Fenster, eine Tasse in der Hand. Als Markus hereinkam, stand er auf, umarmte ihn – nicht hastig, sondern fest, warm.
„Es ist lange her,“ sagte Markus, als sie sich setzten. „Wie geht’s dir?“
David überlegte kurz. Früher hätte er eine lange Liste von Sorgen heruntergerattert. Doch diesmal lächelte er nur. „Besser. Viel besser.“
„Das sieht man dir an.“ Markus musterte ihn. „Du hast eine Ruhe, die du früher nicht hattest.“
David nickte langsam. „Weißt du noch, als du mir das Buch gegeben hast? Ich hab gedacht, du bist verrückt.“
Markus lachte leise. „Das denken die meisten am Anfang.“
„Und jetzt…“ David sah aus dem Fenster, wo die Menschen über die Straße eilten. „Jetzt ist mein Leben nicht perfekt. Aber ich habe etwas gefunden, das ich nie für möglich gehalten hätte.“
„Und das wäre?“
David sah ihn an, die Augen ruhig, klar. „Frieden. Nicht ständig, nicht ohne Rückschläge. Aber echt. Frieden, den ich nicht im Außen suchen muss.“
Markus nickte, ohne zu sprechen.
Eine Weile saßen sie schweigend, tranken ihren Kaffee, sahen den Leuten draußen zu. Es war kein spektakulärer Moment, kein großes Finale. Nur zwei Freunde, die den Weg ein Stück gemeinsam gegangen waren.
David stellte die Tasse ab. „Ich habe den Sinn nicht gefunden,“ sagte er leise. „Er hat mich gefunden.“
Markus lächelte, und in diesem Lächeln lag Zustimmung, aber auch etwas anderes – die Einladung, weiterzugehen.
Denn David wusste: Der Weg war nicht zu Ende. Aber er war auf ihm. Und das reichte.
Kapitel 1 – Das unerfüllte Leben
Anna stellte den Strauß Tulpen in eine Vase und stellte sie auf den Esstisch. Der Raum wirkte sofort heller, lebendiger – aber sie spürte nichts. Sie blieb stehen, sah die Blüten an, als könnten sie eine Antwort geben. Doch da war nur Stille.
Ihre Wohnung war ordentlich, geschmackvoll eingerichtet. Bücherregale, ein Sofa in warmen Farben, ein großer Spiegel im Flur. Von außen betrachtet war alles „in Ordnung“.
Von innen fühlte es sich leer an.
Der Laptop auf dem Schreibtisch blinkte. E-Mails von der Arbeit. Anna arbeitete in einer Agentur, organisierte Kampagnen, plante Abläufe. Sie war gut darin, zuverlässig, geschätzt. Kollegen sagten oft: „Anna, auf dich kann man sich verlassen.“
Aber was bedeutete das, wenn sie sich auf sich selbst nicht verlassen konnte?
Sie ließ sich ins Sofa sinken, zog die Beine an. Und sofort war er wieder da – Davids Blick, sein ruhiges Gesicht, dieses unerklärliche Lächeln. Es nagte an ihr.
„Warum sah er so… anders aus? Gelassener? Was hat er gefunden?“
Erinnerungen kamen hoch. An Abende voller Streit, an Vorwürfe, Tränen. Sie hatte ihn damals verlassen, weil sie es nicht mehr ausgehalten hatte. Weil er in seiner Wut und Leere auch sie hinuntergezogen hatte. Sie hatte geglaubt, dass sie frei wäre, wenn sie ging.
Und ja – sie hatte ein neues Leben aufgebaut.
Doch Freiheit? Sie fühlte sich eher gefangen in einer Routine, die ihr Halt gab, aber keinen Sinn.
Ihr Handy vibrierte. Eine Nachricht von Tom, ihrem Partner seit zwei Jahren:
„Bin heute spät dran. Essen wir morgen zusammen?“
Sie antwortete knapp:
„Ja. Bis morgen.“
Tom war nett. Verlässlich. Aber sie spürte keinen Funken, kein Feuer. Manchmal fragte sie sich, ob sie ihn liebte oder ob er nur die Lücke füllte, die David hinterlassen hatte.
Anna stand auf, ging zum Fenster. Draußen zogen Menschen mit Taschen vorbei, lachend, telefonierend. Alle schienen irgendwohin unterwegs, nur sie stand hier – unbeweglich.
Sie legte die Stirn an die Scheibe und flüsterte: „Warum fühlt es sich so leer an?“
Die Blumen im Hintergrund leuchteten im letzten Licht der Sonne. Und wieder kam die Frage in ihr hoch:
Was, wenn er etwas gefunden hat, das mir fehlt?
Kapitel 2 – Der Anstoß
Am Samstag schlenderte Anna durch die Innenstadt. Eigentlich wollte sie nur ein Geschenk für eine Kollegin besorgen, aber ihre Füße trugen sie wie von selbst in den kleinen Buchladen an der Ecke.
Es roch nach Papier, nach Kaffee von der kleinen Maschine neben der Kasse. Regale voller Neuerscheinungen, Romane, Ratgeber, bunte Cover, die nach Aufmerksamkeit schrien.
Anna strich mit den Fingern über die Buchrücken, ziellos. Bis ihr Blick an einem hellblauen Einband hängen blieb.
Sie erstarrte.
Ein Kurs in Wundern.
Ihr Herz machte einen Sprung. Sofort war David wieder vor ihren Augen, wie er sie auf dem Markt angesehen hatte.
„Natürlich,“ murmelte sie. „Sein Kram.“
Sie wollte weitergehen, doch ihre Hand griff fast automatisch nach dem Buch. Schwer, fast ehrfurchtgebietend. Sie schlug es auf, las ein paar Zeilen:
„Nichts Wirkliches kann bedroht werden. Nichts Unwirkliches existiert. Hierin liegt der Frieden Gottes.“
Anna runzelte die Stirn. „Klingt nach irgendeinem Sekten-Spruch,“ dachte sie. Und doch… irgendetwas in diesen Worten vibrierte in ihr nach.
„Interessieren Sie sich für spirituelle Bücher?“ Die Verkäuferin war herangetreten, ein freundliches Lächeln im Gesicht.
Anna klappte das Buch hastig zu. „Nein… eigentlich nicht.“ Sie wollte es zurückstellen – doch ihre Finger hielten es fest.
Die Verkäuferin nickte wissend. „Dieses Buch findet meistens die Leute, nicht umgekehrt.“
Anna lachte unsicher. „Oder man denkt dabei an jemanden, den man kennt.“
„Vielleicht,“ sagte die Frau leise. „Aber wenn Sie es schon in der Hand haben, lesen Sie wenigstens das Vorwort. Es schadet ja nicht.“
Anna zahlte, ohne recht zu wissen, warum. Auf dem Heimweg hielt sie die Tüte fest an sich gedrückt, fast so, als hätte sie etwas Verbotenes gekauft.
Zu Hause legte sie das Buch auf den Tisch. Sie starrte es an, umrundete es, ging in die Küche, kochte Tee. Doch immer wieder schweifte ihr Blick zurück.
Endlich setzte sie sich, schlug die erste Seite auf – und las.
Mit Skepsis. Mit Widerstand. Aber auch mit einer Neugier, die sie nicht verstand.
Und irgendwo tief in ihr war da eine Stimme, leise, aber hartnäckig:
Vielleicht ist genau das der Schlüssel, nach dem du suchst.
Kapitel 2 – Der Anstoß
Am Samstag schlenderte Anna durch die Innenstadt. Eigentlich wollte sie nur ein Geschenk für eine Kollegin besorgen, aber ihre Füße trugen sie wie von selbst in den kleinen Buchladen an der Ecke.
Es roch nach Papier, nach Kaffee von der kleinen Maschine neben der Kasse. Regale voller Neuerscheinungen, Romane, Ratgeber, bunte Cover, die nach Aufmerksamkeit schrien.
Anna strich mit den Fingern über die Buchrücken, ziellos. Bis ihr Blick an einem hellblauen Einband hängen blieb.
Sie erstarrte.
Ein Kurs in Wundern.
Ihr Herz machte einen Sprung. Sofort war David wieder vor ihren Augen, wie er sie auf dem Markt angesehen hatte.
„Natürlich,“ murmelte sie. „Sein Kram.“
Sie wollte weitergehen, doch ihre Hand griff fast automatisch nach dem Buch. Schwer, fast ehrfurchtgebietend. Sie schlug es auf, las ein paar Zeilen:
„Nichts Wirkliches kann bedroht werden. Nichts Unwirkliches existiert. Hierin liegt der Frieden Gottes.“
Anna runzelte die Stirn. „Klingt nach irgendeinem Sekten-Spruch,“ dachte sie. Und doch… irgendetwas in diesen Worten vibrierte in ihr nach.
„Interessieren Sie sich für spirituelle Bücher?“ Die Verkäuferin war herangetreten, ein freundliches Lächeln im Gesicht.
Anna klappte das Buch hastig zu. „Nein… eigentlich nicht.“ Sie wollte es zurückstellen – doch ihre Finger hielten es fest.
Die Verkäuferin nickte wissend. „Dieses Buch findet meistens die Leute, nicht umgekehrt.“
Anna lachte unsicher. „Oder man denkt dabei an jemanden, den man kennt.“
„Vielleicht,“ sagte die Frau leise. „Aber wenn Sie es schon in der Hand haben, lesen Sie wenigstens das Vorwort. Es schadet ja nicht.“
Anna zahlte, ohne recht zu wissen, warum. Auf dem Heimweg hielt sie die Tüte fest an sich gedrückt, fast so, als hätte sie etwas Verbotenes gekauft.
Zu Hause legte sie das Buch auf den Tisch. Sie starrte es an, umrundete es, ging in die Küche, kochte Tee. Doch immer wieder schweifte ihr Blick zurück.
Endlich setzte sie sich, schlug die erste Seite auf – und las.
Mit Skepsis. Mit Widerstand. Aber auch mit einer Neugier, die sie nicht verstand.
Und irgendwo tief in ihr war da eine Stimme, leise, aber hartnäckig:
Vielleicht ist genau das der Schlüssel, nach dem du suchst.
Kapitel 3 – Erste Risse
Anna saß auf dem Sofa, das Buch aufgeschlagen auf ihrem Schoß. Der Tee neben ihr war längst kalt geworden. Sie las laut:
„Nichts, was ich in diesem Raum sehe, bedeutet etwas.“
Sie blickte umher: der Couchtisch, der Fernseher, die Vase mit den Tulpen vom Markt. „Alles ohne Bedeutung? Lächerlich.“
Sie schlug das Buch fast zu, doch etwas hielt sie zurück.
„Ich habe allem, was ich sehe, all die Bedeutung gegeben, die es für mich hat.“
Sie las den Satz dreimal. „Also bin ich schuld an allem?“ murmelte sie. „Wie bequem.“ Doch dann blieb ihr Blick an der Vase hängen.
Die Tulpen waren wunderschön, frisch erblüht – aber sie waren auch ein Symbol. Für den Moment mit David. Für das Gefühl der Unruhe, das sie seitdem nicht mehr losließ.
War es wirklich die Blume selbst, die etwas bedeutete – oder das, was sie hineinsah?
Anna schüttelte den Kopf. „Das ist verrückt.“ Doch die Frage blieb.
Am Montag im Büro wurde sie getestet. Eine Kollegin hatte eine wichtige Datei falsch abgespeichert, und der Chef war wütend. „Anna, warum liegt das auf Ihrem Schreibtisch, wenn es nicht fertig ist?“
Der alte Reflex wollte aufspringen, sich rechtfertigen, zurückschießen. Doch mitten im Chaos erinnerte sie sich an eine Lektion, die sie flüchtig überblättert hatte:
„Ich könnte stattdessen Frieden sehen.“
Sie atmete tief durch, spürte das Zittern in ihren Händen – und sagte einfach: „Ich kümmere mich darum.“
Der Chef nickte, ging. Ihre Kollegin sah sie dankbar an. Anna blieb zurück, verwirrt. Sie fühlte keinen Triumph, keine Niederlage. Nur Ruhe.
„Was zum…?“ flüsterte sie.
Zwei Tage später im Supermarkt. Eine ältere Frau drängte sich an der Kasse vor, ohne ein Wort. Anna spürte, wie der Ärger hochstieg.
Doch wieder erinnerte sie sich:
„Ich könnte stattdessen Frieden sehen.“
Sie atmete. Lächelte sogar. Und die Frau drehte sich kurz um, sagte hastig: „Oh, Entschuldigung.“
Anna verließ den Laden mit klopfendem Herzen. „Das kann doch nicht sein,“ murmelte sie. „Nur ein Satz, und ich bin anders?“
Sie ging durch die Straßen, das Buch im Rucksack. Die Welt sah gleich aus. Doch etwas in ihr hatte sich verschoben – kaum merklich, aber real.
Und zum ersten Mal seit langer Zeit fragte sie sich:
Was, wenn Frieden wirklich möglich ist?
Kapitel 3b – Schatten in der neuen Beziehung
Anna lag neben Paul, ihrem neuen Partner. Er war aufmerksam, liebevoll, und doch … in den entscheidenden Momenten tauchte Davids Gesicht vor ihrem inneren Auge auf.
Sie schloss die Augen fester, als könne sie die Erinnerung verdrängen. Doch es half nichts. Jede Berührung weckte Bilder aus der Vergangenheit: Davids Hände, seine Stimme, die Nähe, die zugleich vertraut und schmerzhaft war.
„Alles gut?“ fragte Paul leise.
„Ja … ich bin nur müde,“ antwortete Anna, mit einem Lächeln, das mehr verbarg, als es zeigte.
Später lag sie wach. Warum nur? fragte sie sich. Paul tat nichts falsch. Es war ihr Herz, das sich weigerte, neu zu lieben, solange es noch gefangen war im Alten.
Am nächsten Morgen starrte sie in den Spiegel. Ich halte David in mir fest, obwohl er nicht mehr da ist. Und solange ich das tue, verletze ich nicht nur mich – sondern auch Paul.
In diesem Moment fiel ihr Satz aus
Ein Kurs in Wundern ein:
„Liebe hält keinen Groll.“
Und sie wusste: Solange sie David nicht vergeben hatte, würde sie auch in keiner neuen Beziehung frei sein.
Kapitel 4 – Konfrontation mit der Vergangenheit
Der Abend war still. Anna hatte das Licht gedimmt, eine Decke über die Beine gelegt. Das Buch lag neben ihr, das Übungsbuch aufgeschlagen bei einer Lektion, die sie sofort wegschieben wollte:
„Liebe hält keinen Groll.“
Sie schloss das Buch, als hätte es sie beleidigt. „Blödsinn,“ murmelte sie. „Wenn überhaupt, dann hält Liebe besonders Groll – weil man verletzt wurde.“
Doch die Worte ließen sie nicht los.
Ungewollt kamen Bilder hoch: Davids Gesicht, wenn er wütend war. Sein Schweigen, das sie fror. Ihr eigenes Schreien, die Türen, die knallten. Der Tag, an dem sie ging, mit einer Tasche in der Hand und dem Gefühl, zu ersticken.
Anna stand auf, ging ins Schlafzimmer, öffnete eine Schublade. Da waren sie noch – Fotos. Sie hatten sie nie weggeworfen, nur tief vergraben. Sie zog eins heraus: beide am Meer, lachend, jung, voller Hoffnung.
Ein Stich ging durch ihr Herz. Tränen stiegen auf, bevor sie sie zurückhalten konnte. Sie ließ sich aufs Bett fallen, das Foto in der Hand.
„Kein Groll?“ flüsterte sie. „Wie denn, nach allem, was war?“
Doch dann hörte sie eine andere Stimme, leise, in ihr: „Groll hält dich fest. Nicht ihn.“
Anna schloss die Augen. Sie spürte, wie viel Energie sie all die Jahre darauf verwendet hatte, sich zu rechtfertigen, ihn innerlich zu verurteilen. Aber der Groll hatte sie nicht befreit. Er hatte sie gebunden.
Langsam, stockend, sprach sie ins Dunkel: „David… ich weiß nicht, ob ich dir vergeben kann. Aber ich will frei sein. Ich will nicht mehr kämpfen.“
Tränen liefen ihr übers Gesicht, aber diesmal fühlten sie sich anders an – nicht nur nach Schmerz, sondern auch nach Loslassen.
Sie legte das Foto zurück in die Schublade, wischte sich die Augen. Die Worte der Lektion hallten in ihr nach:
„Liebe hält keinen Groll.“
Zum ersten Mal verstand sie: Es ging nicht darum, die Vergangenheit schönzureden. Es ging darum, die Fesseln zu sprengen, die sie daran banden.
Und als sie das Licht löschte, war da ein Hauch von Leichtigkeit – wie ein erster Atemzug nach langem Tauchen.
Kapitel 5 – Spiegelung
Es war ein grauer Nachmittag, als Anna zufällig in dasselbe Café ging, in dem sie schon früher manchmal mit David gesessen hatte. Sie wollte nur einen schnellen Kaffee holen, doch als sie eintrat, erstarrte sie.
David saß am Fenster. Ein Buch vor sich, eine Tasse neben der Hand.
Er hob den Blick – und ihre Augen trafen sich.
Ein kurzer Moment der Stille, dann hob er die Hand zum Gruß. Kein Zögern, keine Kälte. Einfach nur ein ruhiges Willkommen.
Anna spürte, wie ihr Herz raste. Ein Teil von ihr wollte umdrehen, weglaufen. Doch ihre Beine trugen sie wie von selbst zu seinem Tisch.
„Hallo,“ sagte sie, leiser als beabsichtigt.
„Hallo, Anna,“ erwiderte er, und sein Lächeln war warm, offen.
Sie setzte sich, bevor sie nachdachte. Schweigen. Nur das Klirren von Tassen, das Summen der Kaffeemaschine.
„Du bist… anders,“ sagte sie schließlich.
David nickte. „Vielleicht bin ich zum ersten Mal ich.“
Sie lachte kurz, unsicher. „Früher hast du immer gekämpft. Jetzt wirkst du… friedlich.“
„Ich kämpfe immer noch,“ gab er zu. „Aber anders. Nicht gegen andere, sondern gegen das, was in mir den Frieden verhindern will.“
Anna sah ihn lange an. Die Worte hätten früher Zorn in ihr ausgelöst, jetzt aber hörte sie etwas Echtes darin. Sie atmete tief. „Weißt du… ich habe in letzter Zeit ein Buch gelesen. Es ist seltsam. Macht mich verrückt. Aber auch… lebendig.“
David legte den Kopf leicht schräg. „Wie heißt es?“
Sie zögerte, fast beschämt, dann flüsterte sie: „Ein Kurs in Wundern.“
Ein Staunen glitt über sein Gesicht. Ein Lächeln, warm und ungläubig zugleich. „Das lese ich auch.“
Sie sah ihn an, als habe jemand eine unsichtbare Brücke zwischen ihnen gebaut. Keiner von beiden hatte das geplant, keiner hatte den anderen beeinflusst – und doch waren sie denselben Weg gegangen.
„Vielleicht,“ sagte David leise, „führt uns dasselbe Buch zu uns selbst zurück.“
Sie schwiegen wieder. Doch diesmal war es kein bedrückendes Schweigen, sondern ein ruhiges, gemeinsames.
Als Anna später ging, fühlte sie sich leichter. Sie hatte nicht das Gefühl, dass alles gelöst war – aber zum ersten Mal seit Jahren war da keine Feindseligkeit mehr zwischen ihnen.
Vielleicht war es das, was Vergebung bedeutete: den anderen nicht mehr als Feind zu sehen, sondern als Spiegel.
Kapitel 6 – Annas Durchbruch
Es war ein Sonntagmorgen. Anna konnte nicht schlafen, also zog sie sich früh an und ging hinaus. Die Stadt lag noch still, nur vereinzelte Jogger und Hundebesitzer waren unterwegs.
Sie lief ohne Ziel, bis sie am Fluss ankam. Der Nebel hing noch über dem Wasser, die Sonne kämpfte sich langsam durch. Sie setzte sich auf eine Bank, zog die Knie an und starrte in die schimmernde Oberfläche.
Das Buch war in ihrer Tasche, aufgeschlagen bei einer Lektion, die sie am Vorabend gelesen hatte:
„Vergebung ist Erinnerung an die Wahrheit.“
Anna hörte die Worte in ihrem Inneren widerhallen. Sie dachte an David, an die Jahre voller Kämpfe, an die Schuldgefühle, die sie sich selbst nicht eingestand. All das war wie ein schwerer Mantel, den sie seit Jahren trug.
Sie legte die Hand auf ihr Herz. Zum ersten Mal sprach sie die Worte nicht für ihn, sondern für sich selbst: „Ich vergebe mir.“
Tränen liefen ihr übers Gesicht, heiß, befreiend. Bilder tauchten auf: die junge Anna, voller Hoffnung, voller Liebe. Die Anna, die versagte, floh, Entscheidungen traf, die sie bereute. All diese Versionen von ihr sah sie jetzt – und anstatt sie zu verurteilen, umarmte sie sie.
„Ich halte keinen Groll – auch nicht gegen mich,“ flüsterte sie.
Etwas in ihr löste sich. Kein Knall, kein Feuerwerk. Nur ein leises Weitwerden, als hätte jemand eine Tür in ihr geöffnet.
Sie sah auf den Fluss. Der Nebel lichtete sich, die Sonne brach golden durch und spiegelte sich auf dem Wasser. In diesem Moment fühlte sie, dass sie Teil von etwas Größerem war. Dass sie nicht allein war – nie gewesen.
Ein tiefer Frieden legte sich über sie, sanft, vollkommen.
Anna blieb noch lange auf der Bank sitzen, während die Stadt langsam erwachte. Als sie aufstand, war sie nicht mehr dieselbe wie zuvor.
Sie wusste: Der Weg würde weitergehen, voller Prüfungen, voller Zweifel. Aber sie hatte etwas gefunden, das stärker war als alles, was sie je verloren hatte.
Frieden.
Epilog – Zwei Wege, eine Wahrheit
Das Café war voll, Stimmen und Lachen vermischten sich mit dem Klirren von Tassen. Anna hatte gezögert, ob sie kommen sollte, doch Markus hatte sie eingeladen. „Es wäre gut, wenn wir uns alle drei mal treffen,“ hatte er gesagt.
Und da saßen sie nun. Markus, wie immer gelassen, und David – mit diesem Blick, den sie inzwischen verstand: ruhig, offen, nicht abwehrend.
Ein kurzer Moment Stille, dann begann Markus: „Ihr beide seid einen langen Weg gegangen. Jeder auf seine Weise.“
Anna lächelte unsicher. „Manchmal fühlt es sich eher so an, als hätte der Weg mich gefunden.“
David nickte. „So war es bei mir auch.“
Sie sahen sich an, und es war kein Zögern mehr in ihren Blicken. Kein Groll, keine Schuld. Nur das stille Anerkennen: Wir sind beide Menschen, die gelitten und gelernt haben.
„Weißt du,“ sagte Anna leise, „ich habe lange geglaubt, dass wir uns gegenseitig kaputtgemacht haben.“
„Vielleicht haben wir uns nur gezeigt, wo die Wunden waren,“ erwiderte David. „Und jetzt… heilen wir sie.“
Markus hob seine Tasse. „Dann lasst uns darauf anstoßen: Auf Frieden.“
Sie stießen an, lachten leise.
Anna blickte aus dem Fenster. Die Stadt rauschte vorbei, Menschen hasteten, Autos hupten. Doch in ihrem Inneren war es still. Zum ersten Mal seit Jahren spürte sie keine Schwere, keine Last.
Sie wusste: Es würde Rückschläge geben. Zweifel, alte Muster. Aber sie war nicht mehr dieselbe wie früher.
Zwei Wege hatten sich getrennt. Zwei Wege hatten sich neu geformt. Und am Ende führten beide zur gleichen Wahrheit:
Frieden ist möglich.
Das Café war ruhig am späten Abend. Markus hatte sie eingeladen, und jetzt saßen sie da: Anna und David.
Es war kein schweres Treffen mehr. Sie sprachen über Bücher, über Arbeit, über kleine Dinge. Und in der Stille dazwischen war kein Groll mehr, nur ein leiser Frieden.
Als sie sich verabschiedeten, war nichts entschieden. Kein Versprechen, kein Plan. Nur das Gefühl: Wir sind frei von dem Alten.
...
Einige Wochen später.
Es war ein milder Abend, als Annas Handy klingelte. Sie sah den Namen auf dem Display – David. Zögernd nahm sie ab.
„Hallo.“
„Hallo, Anna.“ Einen Moment lang schwiegen beide. Dann sagte er: „Weißt du, ich denke oft an unser Gespräch im Café.“
„Ich auch,“ antwortete sie leise. „Aber manchmal frage ich mich… was jetzt mit uns ist.“
David atmete hörbar. „Früher hätte ich gedacht, wir müssen entscheiden: zusammen oder nicht. Aber heute weiß ich, dass es nicht darum geht.“
„Worum dann?“
„Darum, dass unsere Zukunft nicht mehr wie unsere Vergangenheit sein muss.“
Anna schloss die Augen. Sie hatte diese Worte in Ein Kurs in Wundern gelesen. Lektion 314. Ganz leise sprach sie: „Ich suche eine Zukunft, die von der Vergangenheit frei ist.“
David wiederholte die Worte, und plötzlich war es, als hätten sie denselben Gedanken geteilt, ohne ihn vorher abzusprechen.
„Vielleicht,“ sagte Anna, „heißt das einfach, dass wir frei sind. Frei, neu zu wählen. Ob als Freunde oder… anders. Aber nicht mehr gebunden an das, was war.“
„Genau,“ antwortete David. „Egal, wie es kommt – es wird nicht mehr die alte Geschichte sein.“
Sie schwiegen, doch das Schweigen war leicht, nicht bedrückend. Zwei Menschen, die gelernt hatten, dass Vergebung keine Rückkehr in die Vergangenheit bedeutet, sondern ein Tor zu einer neuen Zukunft.